Sarcatal Mai 2009

 

Nach meiner erfolgreichen Rechtsanwaltsprüfung fuhr ich mit Christian Ende Mai 2009 nach Italien ins Sarcatal. Ursprünglich hatten wir einige Touren auf der Reiteralpe sowie auf dem Salzburger Hochthron ins Auge gefasst. Da aber das Wetter im Salzburger Raum nicht mitspielte, trieb es uns weiter in den Süden. Um ca. 11 Uhr erreichten wir Innsbruck und versorgten uns dort mit Proviant für die nächsten Tage. Je weiter wir in der Folge nach Süden kamen, um so schöner wurde das Wetter. In Trient fuhren wir von der Autobahn ab und folgten der Bundesstraße ca. 15 Minuten, bis wir um etwa 14 Uhr das Sarcatal erreichten.

Unsere 1. Tour führte uns nach Sarche di Calavino zum Piccolo Dain. Nachdem wir schon eine anstrengende Autofahrt hinter uns hatten, entschlossen wir uns, an diesem Tag eine gemütliche Tour ("Amazzonia") zu gehen. Der Zustieg betrug lediglich 10 Minuten, der Schwierigkeitsgrad (6) ließ eine genussvolle Tour erwarten.

 

Piccolo Dain - in der Mitte des Bildes geht die Tour "Amazzonia" empor

 

Der Einstieg war bereits ein wenig "speckig", der Rest der Tour bot allerdings besten, griffigen Fels. Die Absicherung war bestens und so erklimmten wir zügig die 250 m hohe Wand. In der 7. Seillänge schummelt sich die Tour geschickt beim markanten Überhang vorbei.

Nach 2,5 Stunden und 11 Seillängen erreichten wir den Ausstieg. Glücklich über den ersten Erfolg und in voller Vorfreude auf die kommenden Tage stiegen wir einen steilen Wanderweg ca. 30 Minuten hinab. Zurück beim Auto begaben wir uns nach Arco, wo wir unsere Unterkunft gebucht hatten. Den Abend ließen wir bei Pizza und Bier ausklingen. Für den nächsten Tag faßten wir auf der Sonnenplatte (Parete Zebrata) die Tour "Perla Bianca" ins Auge.

 

Am nächsten Tag begaben wir uns nach dem Frühstück zum Parkplatz gegenüber der Bar "Parete Zebrata". Nach ca. 15 Minuten Fußmarsch erreichten wir den Wandfuß. Beeindruckt vom enormen Ausmaß der durchschnittlich ca. 60° steilen Platte suchten wir den Einstieg der Tour "Perla Bianca". Die nach Osten ausgerichtete Platte wurde bereits ab 9 Uhr zur Gänze von der Sonne bestrahlt. Nach der gemütlichen Tour am Vortag wollten wir uns an diesem Tag mehr fordern.

Die Fakten: "Perla Bianca", 350 m, 11 Seillängen (7 A0, 5, 6-, 6+, 7-, 7, 6+, 7-, 6+, 6+, 7)

 

die berühmte Sonnenplatte

 

Nach anfänglich unsicheren und vorsichtigen Schritten auf der glatten Platte erhöhte sich schnell das Vertrauen in den Halt unserer Kletterschuhe. Das war auch dringend notwendig, denn Risse oder Löcher waren kaum vorhanden. Die Tour beschränkte sich fast ausschließlich auf reine Reibungskletterei und mit jeder Seillänge erhöhten sich die Schmerzen in unseren Zehen.

 

reine Reibungskletterei

 

Wir waren schließlich froh, als wir nach etwa 4 Stunden beim Ausstieg ankamen. Nach einem Eintrag in das Gipfelbuch seilten wir uns rasch ab. Danach waren wir uns einig: "Für heute ist es genug! Die Zehen rauchen!" Am Nachmittag entspannten wir uns bei Cafe und Eis in Riva del Garda. Abends besuchten wir das "Cafe Trentino", welches sich als Treffpunkt internationaler Kletterer rühmt. Nach ausführlicher Analyse unserer Tour und einigen Gläser Wein plauderten wir noch über alles Mögliche bis Mitternacht.

 

Am 3. Tag gingen wir es wieder ein wenig ruhiger an. Mit der Tour "Clivus" im Sektor "Coste dell' Anglone" wählten wir eine Route, welche zunächst über einige wenig steile und mit Vegetation bedeckte Platten und zum Schluß durch lange Verschneidungen verlief. Die 350 m lange Tour ist in 10 Seillängen unterteilt, welche hauptsächlichen den 6. Schwierigkeitsgrad aufweisen. Die 2 Schlüsselstellen (jeweils 7-) befinden sich in der 2. und in der 8. Seillänge. Zwar ist die Tour durchgehend mit Bohrhaken abgesichert, der gewisse Abenteuer-Faktor entsteht jedoch dadurch, dass die Bohrhaken teilweise weiter auseinander plaziert wurden und dass der Fels manchmal etwas brüchig ist.

 

Coste dell´ Anglone

 

Nach 2 Tagen reinem Klettern waren unsere Köpfe bereits "frei", die Arbeit hatten wir hinter uns gelassen. So kam die abenteuerliche Tour gerade recht. Wie bereits die Beschreibung der Tour im Kletterführer vermuten ließ, verlief sie wild, aber geschickt durch die Vegetation. Als ich im Nachstieg der 3. Seillänge zum Stand kam, traute ich meinen Augen nicht, als sich einen halben Meter hinter Christian eine etwa 1 m lange Schlange annäherte. Christian hatte seinen Blick bis zu meiner Ankunft am Stand ins Tal gerichtet und merkte somit von der "Besucherin" nichts. Nach meinem Hinweis erschrak nicht nur Christian, sondern offensichtlich auch die Schlage. Sie suchte schnell das Weite.

 

unsere Begleiterin in der Tour

 

4 Stunden vergingen, als wir schließlich den Ausstieg erreichten. Beim Blick in das Gipfelbuch konnten wir von der Seilschaft, die sich zuletzt vor unserer Besteigung eingetragen hatte, sinngemäß Folgendes lesen: "Das war die schlechteste und mieseste Tour, die wir je geklettert sind!" Wir konnten dies eigentlich nicht bestätigen. Wie bereits erwähnt, war der Fels zwar nicht immer perfekt, aber wir waren uns einig, dass die Tour doch das gewisse Etwas hatte. Vielleicht war es der Abenteuer-Faktor, der uns Spaß machte, vielleicht das traumhafte Ambiente oder doch die herrliche 8. Seillänge (super Verschneidung,7-).

 

Am 4. Tag hatten sich unsere Kletterkollegen, "Die Vorsicherer" angemeldet. Thomas und Harry wollten ursprünglich ins Berchtesgadener Land. Wir informierten sie über unser herrliches Wetter im Sarcatal und so entschieden die beiden, uns zu besuchen. Wir empfohlen ihnen als erste Tour ebenfalls die "Amazzonia". Parallel zu dieser Tour ging die Tour "Orizzonti dolomitici" empor, welche wir als Ausklang anpeilten. Der Plan war also, nach der Ankunft unserer Kollegen im Sarcatal den Piccolo Dain in zwei parallel nebeneinander liegenden Touren zu besteigen. Nachdem sich Thomas und Harry für 13 Uhr ankündigten, überlegten wir, welche Tour wir am Vormittag des 4. Tages absolvieren sollten. Christian und ich waren uns wieder schnell einig, dass wir nochmals etwas Gas geben wollten.

Unsere Wahl fiel auf die Tour "Il delta di Venere", eine 100 m lange, senkrechte, teilweise überhängende Route in technisch schwierigen Wänden (5 Seillängen: 7-, 7, 7+, 6+, 7+). Der 30 Minuten lang dauernde Zustieg hatte es in sich: Der Weg zur Wand führte durch extrem steiles Gelände gerade hinauf. Beim Wandfuß angekommen irrten wir noch ein wenig hin und her, bis wir endlichen den Einstieg der Tour gefunden hatten. Wir waren zu diesem Zeitpunkt schon etwas k.o.

 

am Einsteig von "Il delta di venere"

 

Beeindruckt von der extremen Steilheit der Tour kämpften wir uns nach oben. Ein paar Stellen (vor allem in der 3. Seillänge) mussten wir - nicht zuletzt aufgrund der eingetretenen Müdigkeit nach 3 Tagen Klettern - technisch überwinden. Nach der 4. Seillänge wartete eine nette Überraschung. Das Ende dieser Seillänge führte über einen Überhang auf ein kleines Plateau. Dort befindet sich ein Campingsessel, der mit einer Reepschnur am Felsen befestigt ist.

wirklich einmal ein gemütlicher Standplatz!

 

Nach 2,5 Stunden erreichten wir den Ausstieg, als auch schon das Handy klingelte. Thomas und Harry waren schon im Anflug. Schnell, aber dennoch konzentriert, seilten wir uns ab, rutschten das steile Gelände hinab zum Auto und fuhren nach Sarche.

Kaum in Sarche angekommen, eilten wir zum Einstieg und konnten "Die Vorsicherer" bereits in der 1. Seillänge der "Amazzonia" antreffen. Thomas und Harry konnten es nicht mehr erwarten waren bereits beim Klettern. In aller Ruhe bereiteten wir uns wieder vor und stiegen ca. 10 Minuten später in der benachbarten Tour "Orizzonti dolomitici" ein. Immer wieder fotografierten wir uns gegenseitig aus der jeweils benachbarten Tour. Nach 2,5 Stunden erreichten beide Seilschaften ziemlich gleichzeitig den Ausstieg. Die Tour "Orizzonti dolomitici" war zwar keine Herausforderung mehr, aber die parallele Besteigung der Wand mit unseren Kollegen Thomas und Harry war sicherlich ein Highlight!

 

Danke an euch 3!