Hochschwab + Paklenica Juni 2011

 

07.06.2011 - 10.06.2011: Das waren jene Tage, die Christian und ich uns bereits im Februar 2011 zum Klettern vormerkten. Das eigentliche Ziel (Kaisergebirge) war aufgrund der miesen Wettervorhersage für Österreich in weite Ferne gerückt. Am Dienstag (07.06.2011) sollte in Österreich bis in die frühen Nachmittagsstunden noch gutes Wetter herrschen, danach war Regen angesagt. Die beste Wetterprognose ab Mittwoch (08.06.2011) kam aus Kroatien. Somit war unsere Tour auch schon geplant:

Wir fahren nach Kroatien und bei der Hinfahrt nehmen wir noch eine Tour in Österreich mit.

Bei der Wahl der Tour in Österreich fiel unsere Entscheidung auf den Bodenbauerweg am Hochschwab. Der kurze Zustieg, 10 Seillängen mit herausfordernden Kletterstellen und die gute Lage für die Weiterfahrt nach Kroatien waren maßgebliche Kriterien dafür. Um 8:00 Uhr erreichten wir den Parkplatz (Bodenbauer) bei bestem Wetter. Nach kurzem, aber anstrengendem und schweißtreibendem Zustieg (wieder mal verfehlten wir den korrekten Zustieg und gingen querfeldein Richtung sichtbaren Einstieg) begannen wir um ca. 9:30 Uhr zu klettern. 

In der 3. Seillänge ging´s  dann so richtig los: eine kräftige und steile Kante zu Beginn und in der Folge über den Originalweg zu einer (zumindest für uns) nicht frei kletterbaren Querung auf einer steilen Platte: kein Tritt, kein Riss, keine Schuppe, keine Leiste - reine Reibungskletterei. 

Und dann die 4. Seillänge: Über einen Riss zu einer steilen Wandstelle: Den linken Zeigefinger in ein Fingerloch, mit dem rechten Fuß hoch ansteigen in ein größeres Loch, den linken Fuß nur stabilisierend an die Wand drücken und die rechte Hand flach aufgelegt auf die glatte Wand. Nun ein kräftiger Zug am linken Zeigefinger und Druck im rechten Bein - aufstehen und an der Wand empor schleichen. Ein super Kletterzug (8-)! Die anschließende erneute Plattenquerung (8) gelang mir beinahe onsight.

 

 4. Seillänge: gefühlvolles Hinaufgleiten an einem Finger (8-)

 

Danach war die Anstrengung vorbei. Es folgten genussreiche Seillängen. Besonders gut gefiel uns die ausgesetzte Querung in der 8. Seillänge. Nach ca. 3,5 Stunden erreichten wir zufrieden den Ausstieg. Wir seilten rasch ab, da bereits dunkle Wolken auftauchten. Bei unserer Weiterfahrt nach Kroatien regnete es dann bereits in Kapfenberg - gutes Timing und verlässliche Wettervorhersage!

 

die ausgesetzte Querung in der 8. Seillänge

 

glücklich über unseren Gipfelerfolg

 

Gut gelaunt fuhren wir nach Kroatien weiter. In Slowenien ist die Autobahn bereits weiter ausgebaut. Maribor (Marburg) sieht man nun nur mehr beim Vorbeifahren und die rasche Fahrt erstreckt sich bis Ptuj. Lediglich die 18 km von Ptuj bis zur kroatischen Grenze sind auf der Bundesstraße zu bewältigen. Bei guten Bedingungen ist man somit lediglich ca. 30 Minuten in Slowenien.

Um 20:30 Uhr erreichten wir unser Stammhotel (Hotel Vicko) in Starigrad. Vor dem Fernseher gab es noch eine kleine Jause, ehe wir müden ins Bett fielen.

In der Nacht wurden wir von einem heftigen Gewitter geweckt. Ich schaute auf die Uhr meines Handys. Es war 3:30 Uhr. Immer wieder lauschte ich danach auf das weitere Wettergeschehen und hoffte auf ein baldiges Ende der Regenfälle. Schließlich konnten wir Niederschläge beim Klettern nicht brauchen. Um 5.30 Uhr blickte ich erneut auf die Uhr, als es endlich zu regnen aufhörte. Einerseits war ich froh darüber, andererseits konnte ich nicht recht einschätzen, ob sich an diesem Tag eine Klettertour ausgehen wird.

Beim Frühstück ließen wir uns Zeit und suchten nach einer den Wetterbedingungen angemessenen Tour. Wir wussten zwar, dass das Kalkgestein in Paklenica sehr rasch trocknet, jedoch war die weitere Entwicklung des Wetters für den Tag ungewiss. Unsere Wahl fiel auf eine absolute Genusstour (Sjeverno rebro): ein langer, ausgesetzter Grat im konstanten Schwierigkeitsgrad 4. Die letzte Seillänge (5-) sollte auch nicht wesentlich schwieriger sein - sie war es auch nicht. Kurz vor dem Einstieg verschwanden alle Wolken und die Sonne schien ungetrübt vom beinahe wolkenlosen Himmel. Kletterherz, was willst du mehr ...

 

traumhafte Gratkletterei

 

beeindruckender Blick ins Tal

 

purer Genuss!

 

Um 12.00 Uhr waren wir wieder im Tal und erfrischten uns im angenehm temperierten Gebirgsbach. Es war klar, dass wir an diesem Tag noch ein paar Klettermeter zurücklegen wollten. Schließlich wurden wir bei der Gratkletterei nicht recht gefordert. Also beschlossen wir, am Anica kuk noch eine lange Tour anzuhängen, nämlich die "Velebitaski" (7-). Gerade als wir zum Einstieg aufbrechen wollten, zogen von Westen dunkle und bedrohliche Wolken über die Schlucht. Durch den Blickwinkel aus dem Tal zum Himmel war lediglich ein kleiner Ausschnitt der Wetterlage erkennbar. Die weitere Wetterentwicklung ist aus dem Tal nicht übersehbar.

Wir änderten unseren Plan und suchten nach einer kürzeren Tour im Nahbereich des Parkplatzes. Die Tour "Hugga wugga" (6+) mit der Zustiegsseillänge "Aanvallluhhhh" (7) begeisterte uns beim Anblick sofort. Die Einstiegsseillänge zeichnet sich durch einen kleinen Überhang mit einer anschließenden glatten Plattenstelle aus. Die eigentliche Tour "Hugga wugga" besteht aus einer ca. 30 Meter langen Piazschuppe.

 

der ungefähre Verlauf von Aanvallluhhh und Hugga wugga

 

Wir bereiteten uns sogleich zum Einstieg vor. Christian startete in die 1. Seillänge. Nach dem Klinken des 1. Bohrhakens kamen dicke Regentropfen vom Himmel. Christian hängte die eine Expressschlinge wieder aus und kletterte herunter. Rasch nahmen wir das Seil auf und suchten in der Nähe einen Unterschlupf. Es regnete ca. 3-5 Minuten intensiv, danach zeigte sich wieder die Sonne. Wir warteten danach ca. 20 Minuten, bis der Fels wieder trocken war und plauderten einstweilen mit Schweizer Kollegen, die ebenfalls den von uns gewählten Unterschlupf aufgesucht hatten. Die Wetterlage schien - soweit vom Tal aus überblickbar - für einen 2. Versuch geeignet zu sein.

Christian wählte diesmal eine andere, einfachere Zustiegsseilänge, da die plattige Stelle der Tour "Aanvallluhhhh" noch nass war. Ich kam im Nachstieg hoch und setzte die Kletterei mit der 2. Seillänge (6+) fort. Etwa nach der Hälfte der 2. Seillänge begann es erneut stark und intensiv zu regnen. Christian´s Kommentar am Stand war: "Kletter´ in aller Ruhe weiter zum Zwischenstand!" Letzterer war nicht mehr weit von mir entfernt und nach ein paar Zügen war ich auch dort. Ich sicherte mich, fädelte das Seil durch die Öse und gab Christian das Zeichen zum Ablasen. Christian ließ mich sogleich bis zum Einstieg hinunter, ehe er nach einer Weile durch Abseilen folgte. Die Flucht zum Unterschlupf war eigentlich nicht notwendig. Wir waren bereits waschelnass - bis zur Unterhose! 5 Minuten später schien wieder die Sonne und der Fels begann wieder langsam zu trocknen ...

Wir gingen zurück zum Auto, zogen uns um, breiteten die nasse Kleidung zum Trocken aus und pausierten ein wenig.

Eine schwache Stunde später wollten wir es erneut wissen. Diesmal sollte das Wetter passen - und es passte! Der gesamte restliche Nachmittag verlief freundlich und sonnig. Die Einstiegsseillänge "Aanvallluhhhh" war nun auch wieder trocken und durfte ich diesmal starten. Rasch punkteten wir die insgesamt 3 wunderbaren Seillängen. Einen Fotoapparat hatten wir beim 3. Versuch aus Angst vor einem weiteren Regenguss leider nicht mit.

Wir waren froh über die letztendlich doch geglückte Tour. Die Seillängen der "Hugga wugga" zählen für mich bis dato zu den schönsten in Paklenica. 

 

Am Donnerstag in der Früh verschwand die anfängliche Bewölkung schnell und es zeigte sich bald die Sonne. Einer langen Tour am Anica kuk stand somit nichts im Weg. Dort hatten wir schließlich auch noch eine Rechnung offen, da wir im März 2008 die Tour "Velebitaski" wegen Regen abbrechen mussten.

Anica kuk mit dem ungefähren Verlauf der Tour "Velebitaski"

 

Verschwitzt kamen wir beim Einstieg an und erholten uns zunächst ein wenig. Da Christian im Jahr 2008 die 1. Seillänge vorstieg, wechselten wir und somit durfte ich beginnen.

Die 1. Seillänge ist von der Bewertung her zwar nicht so schwierig (6-), durch die Länge von ca. 50 Meter ist sie aber doch irgendwie fordernd. Die nächsten beiden Seillängen sind eher gemütlich und dementsprechend auch weiter gesichert. Die 4. Seillänge ist sowohl für den Vorsteiger als auch für den Nachsteiger psychisch interessant. Zunächst klettert man ausgesetzt aber gutgriffig eine Kante empor, danach klettert man wieder einige Meter hinunter, ehe es wieder an einer Kante hinaufgeht. Um die Seilreibung gering zu halten, empfiehlt es sich, nach dem Abklettern keine Zwischensicherung anzubringen. Für den Nachsteiger entsteht dadurch eine Passage ähnlich einem Quergang, jedoch ohne Zwischensicherung mit der Gefahr eines großen Pendelsturzes. Die Schwierigkeiten hielten sich in dieser Seillänge jedoch in Grenzen und war dies somit kein Problem. Die 5. Seillänge war für uns neu. An dieser Stelle mussten wir im Jahr 2008 abbrechen. In der 6. Seillänge folgt die Schlüsselstelle: Eine leichte Querung an einem Untergriff und danach athletisch über den Überhang. Super!

 

5. Seillänge: kurze Querung und danach ein langer Riss (6-)

 

am Standplatz nach der 5. Seillänge

 

die Untergriffe in der 6. Seillänge (Schlüsselstelle) waren etwas nass

 

In der 7. Seillänge folgte eine lange Verschneidung. Danach ging es zunächst in die beeindruckende Höhle, die durch das überhängende schräge Dach gebildet wird. Nach weiteren 3 gemütlichen Seillängen steht man am Gipfel des Anica kuk.

Nach 3,5 - 4 Stunden Kletterei erreichten wir den Ausstieg. Wir genossen den Moment, ehe wir zum Auto zurückkehrten. An diesem Tag war für uns die Kletterei beendet. Mit einer Jause setzten wir uns im Nahbereich des Parkplatzes zum Wandfuß und beobachteten andere Kletterer.

Den Abend ließen wir gemütlich mit ein paar Bier ausklingen.

 
 

11. Seillänge: kurz vor dem Ausstieg

 

am Gipfel des Anica kuk

 

es folgte ein etwas anderer Genuss

 

Am letzten Tag beschlossen wir, zu Mittag nach Hause zu fahren. Zuvor punkteten wir noch die Tour "Armadillon" am Kuk. Das Highlight dieser Tour war sicher der lange Kamin in der 3. Seillänge. Christian zeigte beim Vorstieg vollen Einsatz und kletterte im Kamin. Ein paar Kratzer an Händen und Beinen waren die Folge. Ich kletterte im Nachstieg genüsslich außerhalb des Kamins. Ich hatte keine Schrammen. Im Vorstieg wäre ich zugegebenermaßen wahrscheinlich auch im Kamin geklettert. Dort fühlt man sich einfach sicherer. Alles in allem war es ein würdiger Abschluss unseres Kurzurlaubes.

Danke Christian für die schönen gemeinsamen Touren!